Der Weg flexibler Organisationen: Wenn die Führungskraft zum Coach wird
Von Silke Borgmann
Organisationen und ihre Kulturen kennen verschiedenste Ausprägungen. Zwei der bekanntesten und gleichzeitig diametral entgegengesetzten Kulturen sind die mechanische sowie die organisch-kulturelle Organisation. Hinter diesen Organisationsformen stehen nicht nur unterschiedliche Denk- und Handlungsmuster, sondern auch divergierende Welt- und Menschenbilder.
Während sich die mechanische Organisation als komplexe Maschine begreift, die wie ein ineinandergreifendes Uhrwerk funktioniert und in Regelkreisen denkt, bezieht die organisch-kulturelle Organisation das Eigenleben von Systemen sowie normen- und wertebasiertes Verhalten von Mitarbeitern ein.
Da das rein mechanische Organisationsverständnis weitgehend als überholt gilt, dennoch aber noch oft anzutreffen ist, konzentriert sich dieser Artikel auf dynamische Organisationen bzw. den Weg dorthin. Erklärtes Ziel dieser Organisationsform ist, flexibler auf Veränderungen des komplexen Marktumfeldes reagieren zu können.
Dynamischen Organisationen ist zumeist bewusst, dass sie von Menschen getragen werden, die ihre individuellen Stärken, Schwächen und Bedürfnisse in die Organisation einbringen. Des Weiteren sieht sich diese Organisationsform als Lernumfeld, da sie davon ausgeht, dass sich Menschen im Laufe ihres Lebens stets entwickeln. Die Frage der Organisation lautet also nicht ob, sondern wohin sich die Mitarbeiter entwickeln und wie die Organisation dies für ihre Zwecke positiv beeinflussen will. Solch eine Organisation geht von Menschen und Individuen aus, nicht von Zahnrädern und nicht von abstrakten Mitarbeitern. Sie weiß, dass Menschen durch innere und äußere Einflüsse stets lernen und sich entwickeln und mit ihr die Organisation. Die Frage ist nur, in welche Richtung.
Individuelle Förderung und Coaching
Man kann davon ausgehen, dass das individuelle Fördern von Menschen in einer Organisation stets sinnvoller ist als ein Gießkannenprinzip, das im schlechtesten Fall weder an die individuellen Kompetenzen noch an die zukünftige Aufgabe des Lernenden angepasst ist.
Wenn man sich eine solche individuelle Förderung auf einer Skala vorstellt, so findet man am einen Ende die engmaschige Unterstützung, die den Mitarbeiter durch detaillierte Erklärungen, Zwischenstandberichte, durch Eingreifen und Korrektur, durch zeitintensive Aufmerksamkeit, Anerkennung und Anregung in die gewünschte Richtung lenkt.
Am anderen Ende der Skala steht die Förderung mit Hilfe einer sehr langen Leine. Hier geht es um Auftragsklärung, einem damit verbundenen relativ freien Spielraum des Mitarbeiters, Feedback-Gespräche zu inhaltlichen und persönlichen Themen und am Ende die Ergebniserbringung. Coaching lässt sich also hier am besten einordnen.
Nutzen: Wann eignet sich Coaching als Führungsinstrument für eine Organisation?
Es gilt als gesichert, dass die Führung als Rollenvorbild und steuerndes Element das Lernen und Entwickeln von Menschen in der Organisation am intensivsten steuert. Wenn sich eine Organisation nun in einem komplexen Marktumfeld bewegt und flexibel auf dieses reagieren will, wenn eine Fehler- bzw. Lernkultur etabliert werden soll, um die Stärken von Mitarbeitern zu fördern und flexible Reaktionen zu ermöglichen, dann ist Coaching als etabliertes Führungsinstrument der richtige Weg.
Gute Mitarbeiter brauchen gute Führung. Je unabhängiger und selbstständiger ein Mitarbeiter ist, umso wirkungsvoller kann Coaching als Führungsinstrument eingesetzt werden. Denn ein eigenständiger Mitarbeiter will Vertrauen, einen gesunden Spielraum sowie Anregung und Förderung. Diese Elemente werden durch Coaching optimal abgedeckt. Da man im Führungsalltag nicht immer einen externen oder internen Coach an die Seite der Führungskraft stellen kann, wird der Ruf noch Coachingkompetenzen bei dieser selbst laut.
Coaching als Führungsinstrument im Unternehmen ist noch keine Selbstverständlichkeit, gewinnt jedoch an Bedeutung. In komplexen Arbeitsfeldern mit hoch ausgebildeten und eigenverantwortlichen Mitarbeitern, erleichtert es die Kommunikation, den Spielraum und die Effektivität der gemeinschaftlichen Arbeit. Dies ist vor allem in komplexen Organisationen notwendig. Desweiteren entlastet es die Führungskraft mittel- und langfristig, da regelmäßiges Coaching Reflexionsvermögen und Selbstverantwortung von Mitarbeitern erwiesenermaßen steigert.
Will ein Unternehmen das Führungsinstrument Coaching sukzessive implementieren und seine Führungskräfte entsprechend ausbilden, muss für die erfolgreiche Umsetzung einiges beachtet werden.
*** Ende Teil 1, Fortsetzung Teil 2