Organisationen verlassen sich auf die falschen Platzhalter

Ambien oder Coaching

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Elon Musk, der CEO von Tesla und einer der bekanntesten Unternehmer weltweit, nimmt Ambien, ein Schlafmittel. Mit einer bemerkenswerten Offenheit hat er dies kürzlich in einem Interview mit der New York Times zugegeben. Bei Arbeitswochen mit über 120 Stunden und der enormen Verantwortung wäre das oft seine einzige Möglichkeit zur Ruhe zu kommen.

Als ich als Coach das gelesen habe, dachte ich natürlich: Wie wäre es denn mit einem Coaching? Das hat keine Nebenwirkungen und wird ihm sicherlich besser helfen, mit der Belastung fertig zu werden. Dann aber dachte ich: Vielleicht macht er ja schon eines, nur womöglich ist der Job so hart, dass es nicht ohne Unterstützung pharmakologisch wirksamer Substanzen geht.

Und dann wurde mir bewusst, dass Musk kein Einzelfall ist. Wohl jeder Mensch greift auf Substanzen zurück, um seine Leistung zu steigern. Das fängt beim Kaffee/Tee an und hört bei schweren Aufputschmitteln oder Beruhigungsmitteln und Alkohol auf. Und wer davon die Finger lässt, kann sich vor Augen führen, dass wir zu diesem Zweck auch körpereigene Substanzen, wie das Adrenalin, einsetzen können, das ausgeschüttet wird etwa durch schnelles Fahren auf der Autobahn oder durch exzessiven Ehrgeiz und Überstunden. Wer kann schon von sich behaupten, gänzlich frei von all dem zu sein? Ich zumindest nicht.

Und vielleicht muss das ja auch gar nicht so sein. Vielleicht wäre es einfach zu viel verlangt, komplett ohne „Hilfsmittel“ über die Runden zu kommen. Denn wenn wir schon dabei sind, müsste man ja auch noch Amulette, Glücksbringer, Horoskope und vieles mehr einbeziehen. Darauf wollen wir doch gar nicht verzichten, oder? Wo soll da bloß das Coaching bleiben, dachte ich, und mich beschlich eine gewisse Ratlosigkeit.

Andererseits: Brauchen wir denn das alles wirklich? Ist es nicht am Ende nur ein Glauben, der diesen „Mittelchen“ ihre Macht verleiht? Was wäre eine Substanz ohne die Überzeugung, dass sie wirksam ist, was wäre ein Horoskop, ohne die Überzeugung, dass der Autor mehr weiß als man selbst, was bliebe von den vielen Überstunden, wenn wir nicht glauben würden, dass sie nicht unbemerkt bleiben?

Warum glaubt Elon Musk, dass eine Substanz besseren Schlaf bringt, als seine ihm eigene Entspannung? Und überhaupt, warum glauben wir, dass diese Mittelchen mehr leisten können als wir selbst? Ja, man kann fragen, warum glauben wir nicht in erster Linie an uns?

An dieser Stelle bemerkte ich eine, im wahrsten Sinne des Wortes, unglaubliche Erleichterung. Denn ich denke (oder glaube), dass hier das Coaching ins Spiel kommt. Coaching ist sicherlich nicht wirksamer als viele Substanzen, Verhaltensweisen und andere Hilfen, aber es ist etwas, das zeigt, dass es letzten Endes doch immer nur wir selbst sind, und unser Glaube an uns selbst, der den Unterschied macht. Coaching ist für uns selbst, den Glauben an uns selbst, und deshalb macht es Sinn.