Wenn man ein Coaching unbedingt braucht
„Wir brauchen ein Coaching für eine Führungskraft. Wir haben schon alles probiert. Trainings, mehrere Kritikgespräche und zwei Abmahnungen und der Betriebsrat wurde schon eingeschaltet. Nur ein Coaching haben wir noch nicht gemacht. Herr Schulte, wäre das etwas für Sie? Gut möglich, dass wir uns von der Führungskraft trennen müssen. Der BR hat aber darauf bestanden, als letzte Chance noch ein Coaching zu versuchen.“
Wow, ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. „Klar mach ich das Coaching“, sage ich dem HR-ler, „aber das wird wahrscheinlich ihr letztes Coaching sein, das Sie in Ihrer Organisation durchführen werden.“ Denn in dieser Organisation ist Coaching damit gleichbedeutend: Wer ein Coaching macht, steht vor dem Abgrund.
Ich will ja gar nichts sagen: Aber es ist genau andersherum.
In der Kreisklasse ist es doch offensichtlich woran es mangelt. Den Leuten geht nach fünf Minuten die Puste aus, es werden keine Tore geschossen oder zu viele Tore bekommen oder die Zuschauer bleiben aus. Auch ohne Coach wissen alle woran es tatsächlich mangelt und was das Problem ist und wie man es beheben kann. In der Bundesliga jedoch sieht die Lage anders aus. Stellen Sie sich Bayern München oder eine andere Top-Mannschaft ohne Coaching vor. Die Spieler sind über jeden Zweifel erhaben, aber könnten sie ohne Coach an der Spitze bestehen? Wohl kaum.
In Organisationen ist es genauso. Sie sind weit gekommen, haben viel erreicht. Die Führungskräfte haben sich bewährt, viele Krisen überstanden, Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt und die Organisation immer wieder nach vorne gebracht. Wer braucht folglich am ehesten Coaching, die Kreisklasse oder die Bundesliga? Richtig, diejenigen, die schon weit gekommen sind. Denn je weiter man kommt, umso schwieriger wird es, das, was einem jetzt noch ein Stückchen weiterbringt, zu identifizieren. Das gilt auch für Teams. Je mehr ein Team schon leistet, umso mehr ist es auf Coaching zur Weiterentwicklung angewiesen.
Coaching ist für die, die sich begleiten lassen möchten, hin zu einem wichtigen Ziel. So verständlich es ist, sich an ein Coaching als letzten Rettungsanker zu klammern, die Kommunikation in der Organisation sollte dies als Ausnahme deklarieren.