Der Weg flexibler Organisationen: Wenn die Führungskraft zum Coach wird (Teil 2)

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von Silke Borgmann

Fortsetzung von Teil 1

Voraussetzungen für die Implementierung von Coaching als Führungsinstrument

Bei der Einführung von Coaching als Führungsinstrument handelt es sich nicht um die Prägung eines neuen Führungsstils. Vielmehr geht es um eine kulturelle Transformation. Grundlage für diese ist die Haltung des einzelnen Mitarbeiters, der den Entwicklungsprozess der Organisation gemeinschaftlich mit anderen trägt. Insofern handelt es sich um ein Projekt, das entsprechend geplant und mittel- bis langfristig gelebt werden will.

Dabei steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit, wenn die Führungskraft von unnötigen operativen Aufgaben entlastet wird. Es sollte sogar möglich sein, dass im Zuge eines solchen Kulturwandels Gesamtleistungen teilweise kurzfristig zurückgehen und Zielerreichungen für eine Übergangsphase mehr Zeit beanspruchen. Wir sprechen hier von dem bewussten Zulassen einer Fehlerkultur, die neue Spielräume eröffnet und zu mittel- und langfristig adäquateren Ergebnissen führt. Dem liegt zugrunde, das Coaching als Führungsinstrument eine begleitende Unterstützung für den Mitarbeiter darstellt und somit naturgemäß zunächst mehr Zeit benötigt als reines Anweisen oder Delegieren. Der kulturelle Lernprozess kann also zu Verzögerungen führen, die frühzeitig einzukalkulieren sind.

Der Mehrwert der Maßnahme zeigt sich früh, sobald nämlich Mitarbeiter sukzessive selbstständiger arbeiten, Aufgaben proaktiver umsetzen und kreativere Lösungen erbringen. Die Notwendigkeit der Führungskraft anzuleiten und zu kontrollieren nimmt gleichzeitig ab. Es entstehen Räume für neue Aufgaben.

Maßnahmen

Die Führungskraft sollte zu Beginn die Möglichkeit haben, sich selbst coachen zu lassen und auch im späteren Prozess auf einen externen Coach oder Supervisor zurückgreifen können. Dabei können viele kleine Veränderungen in der Summe eine große Wirkung erzielen. Es erweist sich oft als hilfreich, wenn Mitarbeiter in die unternehmerischen Zielvorgaben sowie die Denk- und Vorgehensweise der Führungskraft einbezogen werden.

Die Führungskraft als Coach steht dabei nach wie vor im Spannungsfeld zwischen Organisieren, engmaschigem Führen und Coachen. Die Entscheidung für das jeweilige Führungsverhalten richtet sich dabei nach der Eigenverantwortlichkeit und den Bedürfnissen des einzelnen Mitarbeiters in Abhängigkeit aktueller Aufgaben und des Wissensstands. Manche Menschen entfalten ihre Stärken grundsätzlich besser, wenn ihnen Vertrauen – und damit einhergehend – Verhaltensspielraum gegeben wird. Andere Menschen wollen klare Vorgaben, engere Strukturen und Begleitung bei der Ausführung von Aufgaben. Dies kann sich von Aufgabe zu Aufgabe unterscheiden, wobei der Persönlichkeitstypus stets Beachtung finden sollte. Unterstützt wird Coaching als Führungsinstrument übrigens durch die stärkenorientierte Besetzung von Positionen.

Bei der Einführung von Coaching als Führungsinstrument ist es für die Führungskraft schließlich unerlässlich, sich mit der Coaching-Haltung vertraut zu machen. Diese geht davon aus, dass Menschen immer Stärken mitbringen und diese gefördert werden wollen, dass sich Menschen grundsätzlich mit Motivation und gutem Willen einbringen wollen und diese Ressourcen, auch wenn sie verschüttet scheinen, ans Licht geholt werden können. Die Coaching-Haltung basiert stark auf Vertrauen, ebenso wie auf rechtzeitigem Erkennen und Eingreifen.

Die Führungskraft als Coach hat daher das langfristige Ziel, den Reflexionsprozess ihrer Mitarbeiter dahingehend anzuregen, dass diese ihr Potential erkennen und selbstständig und eigenverantwortlich ausbauen. Dies trägt im Umkehrschluss zu einer Entlastung der Führungskraft und zu einem Anstieg des Humankapitalwertes der Organisation bei. Und nicht nur das: Die Organisation wird flexibler und wettbewerbsfähiger.

Silke Borgmann, Trainerin & Business Coach, München, und Partnerin der Symbiont-Group www.silkeborgmann.de

Buchempfehlungen:
Haberleitner, Deistler, Ungvari: „Führen, fördern, coachen. So entwickeln Sie die Potentiale ihrer Mitarbeiter“, München 2009
Malik: „Führen Leisten Leben. Wirksames Management für eine neue Zeit“, Frankfurt/Main, 2006
Scholz: „Strategische Organisation. Multiperspektivität und Virtualität.“, Landsberg/Lech, 2000