Einen Moment, bitte! – Personaler vergraulen Fachkräfte?

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Die Wirtschaftswoche meint in einem online Beitrag vom 24.9.14, dass Personaler nicht nur die falschen Menschen einstellen, nein, sie würden sogar geeignete Fachkräfte vergraulen. „Wenn Betriebe gute Leute finden, geschieht es nicht wegen, sondern trotz der Personaler.“
Personaler machen auch Fehler, klar, aber sie sind wohl kaum schlechter ausgebildet oder weniger motiviert als der Rest der Belegschaft. Warum sollten ausgerechnet sie Fachkräfte vergraulen? Ich weiß nicht, wie Sie darüber denken, aber ich halte das für eher unwahrscheinlich.
Was, wenn sich gute Kandidaten erst gar nicht bewerben, weil sie in Bewertungsportalen schlechtes über die Führungskultur des Unternehmens lesen oder durch negative Umfragen z.B. unter Hochschulabsolventen abgeschreckt werden oder mit ehemaligen Mitarbeitern sprechen, denen übel mitgespielt wurde?
Für einen guten Kandidaten ist das Gespräch mit HR nur ein Mosaiksteinchen. Der Artikel der Wirtschaftswoche macht einen Denkfehler!
Gute Kandidaten zu finden, auszuwählen, zu bekommen und auch zu behalten, ist eine Aufgabe die alle in einem Unternehmen angeht. Es ist eine Mannschaftsleistung. Der suchende organisatorische Bereich muss seine Anforderungen genau definieren. Die Unternehmensführung die Strategie des Unternehmens klar kommunizieren, damit diese in die Personalanforderung einfließen kann. Die Bewerber müssen sorgfältig überprüft werden. Die in Frage kommenden Kandidaten überzeugt werden. Die Einarbeitung muss gekonnt organisiert sein und der Mitarbeiter während der gesamten Betriebszugehörigkeit das Gefühl haben, gefordert und gefördert zu werden.
Das geht alle an und betrifft meistens sogar die Unternehmenskultur. Einseitige Schuldzuweisungen sind unnütz und verschlechtern das Mannschaftsspiel einer Organisation zusätzlich. Schlimmer noch. Sie verschleiern die Sicht auf die tatsächlichen Zusammenhänge und verbauen die Möglichkeit, die Organisation wirklich voran zu bringen.
Es geht auch anders. Deloitte and Touche USA erhielten 2007 für ihr bahnbrechendes Coachingprogramm den begehrten ICF Global PRISM Award. Die Firma wusste, dass durchschnittlich etwa zwei bis drei Mitarbeiter täglich weltweit die Firma verlassen und demzufolge auch ebenso viele irgendwo eingestellt werden. Das sah die Firma aber nicht nur als einem gewaltigen Fachkräftebedarf an, sondern hatte dies auch als Chance erkannt. Denn jeder Mitarbeiter der geht ist ein potenzieller Kunde, der in seiner neuen Position Deloitte and Touche als Wirtschaftsprüfer bevorzugen kann oder eben nicht. Ganz zu schweigen davon, dass ein Abschied im Guten das Firmenimage verbessert und wiederum neue Kandidaten anlockt.
Um diese Chance bestmöglich zu nutzen, entwickelte sich Deloitte zu einer „Coached Organisation“ weiter. Jeder Mitarbeiter hat ungeachtet seiner Position Anspruch auf Coaching, entweder durch einen externen Coach, einen hauseigenen internen oder durch den Vorgesetzten. Das Programm war so erfolgreich, dass Deloitte sogar eine US$-Renditenberechnung durchführte und bei vorsichtiger Schätzung eine Rendite von mehreren hundert Prozent einheimsen konnte.